Linker Kampfsport – nicht extremistisch, sondern extrem wichtig

Seit 2017 organisieren wir als rand.gestalten Sternfabrikant*innen ein antifaschistisches (Kampf-)Sportwochenende mit theoretischen und praktischen Workshops rund um das Thema Sport bzw. Kampfsport. In geschützter Umgebung wollen wir eine Atmosphäre schaffen, die sich gegen jegliche Formen von Diskriminierung richtet. Ein solidarisches und respektvolles Miteinander ist dabei grundlegend.

Dies ist etwas, was häufig in sportlichen Kontexten fehlt. Wie das gesamte gesellschaftliche Leben ist auch der Sport von struktureller Diskriminierung und Unterdrückung durchzogen. Wir wollen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Klassismus, Homo- und Transfeindlichkeit etc. als solche markieren und nicht unwidersprochen lassen. Wir versuchen, im und durch Sport einen emanzipatorischen Umgang damit zu entwickeln. Das heißt als erstes, dass wir eine klare Positionierung haben. Unsere Positionierung ist Antifaschismus.

Aufgrund dieser Positionierung wurde die „rand.gestalten Sternfabrik“ von 2018 im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2019 erwähnt [1]. Das nahmen Lokalpresse und rechte Netzwerke zum Anlass, in unserer Arbeit und Veranstaltung den Untergang der Demokratie zu sehen und den Veranstaltungsort, das Kulturzentrum „freiLand“ in Potsdam, anzugreifen.
Wie zur Zeit auch in anderen Bundesländern, führt die AfD unter willfähriger Mithilfe der CDU und FDP eine Kampagne gegen soziokulturelle Einrichtungen, wie z.B. Jugendclubs. Mit der Behauptung, Antifaschismus wäre „Linksextremismus“ versucht die AfD auf Kommunal- und Landesebene staatliche Fördergelder für soziale und kulturelle Einrichtungen in Frage zu stellen und dadurch zivilgesellschaftliches Engagement zu lähmen und Verunsicherung zu schüren. Mühsam erkämpfte Orte für gemeinsames gesellschaftliches Leben, die in manchen Kleinstädten das einzige Angebot für demokratiefördernde Veranstaltungen bieten, sind hierdurch existenziell bedroht.

Die Strategie der AfD, mit Dreck um sich zu werfen und zu hoffen, dass etwas davon kleben bleibt, ist so perfide wie durchschaubar. Antifaschistisches Engagement, Antisexismus, Antirassismus und Antikapitalismus stehen auf dem Boden des Grundgesetzes und sind von diesem gedeckt [2]. Eine von der Verfassung gedeckte Zielsetzung – antifaschistisches Engagement – fällt somit weder in das Aufgabengebiet des Verfassungsschutzes [3] (dem wir hiermit gern bei den eigenen Hausaufgaben helfen) noch darf sie Grundlage dafür sein, wichtige zivilgesellschaftliche Initiativen anzugreifen. Diese Strategie müssen wir mit Solidarität beantworten. Wenn einzelne Projekte diffamiert werden, sind wir alle gemeint.

Der Raum, den wir an einem Wochenende im Jahr schaffen, ist nicht extremistisch sondern extrem wichtig. Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist in vielen Kampfsportschulen und -vereinen nur schwer zu finden. Es gibt nur wenige Orte, an denen Frauen*, Transgenderpersonen und Queers ohne Diskriminierung Sport treiben können. Häufig gehört sexistische Sprache zum guten Ton [4], es werden homofeindliche GasttrainerInnen eingeladen oder offen agierende Neonazis geduldet, weil sie sich angeblich im Gym „anständig benehmen und es keine Grundsatzdiskussionen über Politik gibt“ [5]. Bei eindeutig rechtsextremen Tattoos (z. B. Wehrmachtssoldaten, Schwarze Sonne) folgt häufig kein Ausschluss, lediglich das Verdecken beim Training reicht in vielen Gyms aus. Diese Beispiele sind leider keine Ausnahmen, sondern eher Alltag in Kampfsportstudios. Und dieser Alltag schließt viele Menschen von (Kampf-)Sport aus.

Sport ist politisch, wenn wegen Gewaltverbrechen vorbestrafte Rassist*innen und Nazis in Sportvereinen ungehindert trainieren und an Kampfsportveranstaltungen teilnehmen dürfen. Das Tolerieren menschenverachtender Ansichten schafft Orte, an denen Rassist*innen ungestört zusammen trainieren und sich vernetzen. Die Durchführung von rechten Kampfsportevents (wie z. B. der Kampf der Nibelungen oder Tiwaz) wurde in den letzten Jahren professionalisiert. Sie werden zu wichtigen Vernetzungstreffen der rechtsextremen Szene. Die Ausrichtung ist dabei ganz klar sexistisch, gewalttätig und nationalsozialistisch [6].

Die Sternfabrik ist ein niedrigschwelliges Angebot, um kostengünstig und in einem diskriminierungsfreien Rahmen Kampfsport auszuprobieren und miteinander solidarisch zu trainieren. Ob mit oder ohne sportliche Erfahrung – jede*r kann an einem breiten Angebot an theoretischen und praktischen Workshops teilnehmen, von denen sich einige ausschließlich an FLINT* [7] richten. Das freiLand bietet hierfür räumlich und dank einer eindeutigen politischen und gesellschaftlichen Positionierung einen ausgezeichneten Rahmen, wofür wir uns sehr bedanken!

[1] https://verfassungsschutz.brandenburg.de/media_fast/4055/Verfassungsschutzbericht_Brandenburg_2018.pdf ab Seite 143
[2] vgl. BVerfGE 111,147; ebenso BVerwG, BeckRS 2007, 22843
[3] § 1 Abs. 2 BbgVerfSchG
[4] https://1minlesshome.files.wordpress.com/2019/07/bodycheck.pdf
[5] https://youtu.be/jWSU1ANtTAU?t=260
[6] https://www.der-rechte-rand.de/archive/5598/kampfsport-maennlichkeit-metapolitik-und-strassenkampf/
[7] Frauen, Lesben, Inter, Non Binary, Trans, *

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